10. September 2020

GermanDream statt European Angst – European Dream statt German Angst! Zwei Träume, ein Gegner. Gemeinsam gegen die Angst.

Dieser Tage steht viel auf dem Spiel: Die Legitimationskrise der Europäische Union vertieft sich. Trotz der jahrelang vernehmbar warnenden Stimmen angesichts des überfüllten Flüchtlingslagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos, konnte sie es nicht bewerkstelligen, für menschenwürdige Verhältnisse dort zu sorgen. So kam es, wie es kommen musste und Moria fing Feuer, Menschen starben, wurden verletzt, verloren ihr Hab und Gut, mussten Hals über Kopf fliehen. Alles was die EU jetzt versäumt – und vieles hat sie bereits versäumt – hat Konsequenzen für ihr eigenes Selbstverständnis, die Werte wie Freiheit, Solidarität und Demokratie und die freie Entfaltung des Einzelnen zu ihren Grundpfeilen zählt. Dieses Bild dürfte irreparable Risse bekommen, wenn sie – wenn wir! – es nicht schaffen, Menschen aus großer Not zu retten.

Als Kind von Flüchtlingen sage ich nicht, dass wir alle Flüchtlinge hierzulande aufnehmen sollen. Aber ich sage, dass Deutschland und die EU Verantwortung übernehmen müssen, um menschenwürdige Verhältnisse auf der ganzen Welt zu schaffen. Die Katastrophe, die wir derzeit auf der Insel Lesbos mitansehen müssen, hätte verhindert werden können. Aber es fehlt an einer klaren Linie in der europäischen Flüchtlingspolitik. Nun kann die Lösung nicht von heute auf morgen und im Handumdrehen gefunden werden, denn auch Flüchtlingspolitik ist das beständige Bohren harter Bretter. Aber dieses Bohren würde durch weicheres Holz gehen, wenn es einen starken EUROPEAN DREAM gäbe, der die Menschenrechte hochhält und diese auch im nicht-europäischen Ausland verankern will.

»Deutschland und die EU Verantwortung müssen übernehmen, um menschenwürdige Verhältnisse auf der ganzen Welt zu schaffen. «

Das ist das Pfund, das der GermanDream in die Waagschale wirft: Es geht darum, ein Gegengewicht zu schaffen gegen Abschottung, Nationalismus, Vereinzelung, Konkurrenz, trennende Identitätideologien (auch auf der Welt-Bühne), Krieg und Entrechtung – sonst bekommt die German Angst, bekommt die European Angst mal wieder die Oberhand. Doch wie soll man das ins Werk setzen?

Wir, das heißt alle, die sich bei GermanDream engagieren, sind davon überzeugt, dass man Veränderungen zum Besseren auch im Kleinen, Alltäglichen, hier und jetzt und in kleinen Schritten vollführen kann. Es ist wie bei einem Puzzle: Findet man einmal dieses eine fehlende Puzzle-Teil und setzt es an richtiger Stelle ein, fängt das Bild an, stimmig(er) zu werden. Auf unseren Zugang zur Welt übertragen, heißt das: Es nichts Triviales, die Welt richtig im Kopf zusammen zu setzen, weil unser Blick getrübt und unsere Ordnungskategorien unstimmig sein können. Davon berichteten unsere Wertebotschafter Janina Kugel und Danyal Bayaz diese Woche auf dem Future Work-Festival, wo wir mit GermanDream ein Panel bestreiten durften: Janina erzählte uns, dass sie mal für das Kindermädchen ihrer eigenen Kinder gehalten wurde, nur weil diese von heller Hautfarbe sind, sie aber von dunklerer Haut-Pigmentierung. Danyal erzählte uns, dass er in seinem Amt als Bundestagsabgeordneter für Bündnis ‘90/Die Grünen häufig auf die Themen Herkunft und Religion reduziert wird – und seine wirtschaftspolitische Expertise selten von seinem Gegenüber in Betracht gezogen wird. Es sind die falschen Bilder in den Köpfen, die uns daran hindern, das Ganze (im Menschen) zu sehen.

»Der GERMANDREAM kann eine Leitidee sein, um Möglichkeiten zu schaffen jenseits von Zuschreibungen, die den einzelnen auf seinem einmal festgelegten Platz in der Gesellschaft festnageln «

So auch bei den Flüchtlingen in Moria: Die Bilder, die uns auf unseren Bildschirmen und in den Zeitungen präsentiert werden, reduzieren sie auf ihr Dasein als Flüchtlinge. Doch sie sind mehr als das: Sie sind Mütter, Väter, Landwirte, Handwerker, waren womöglich mal Auszubildende oder Studenten, bevor Krieg und Entrechtung sie zur Flucht zwangen. Es sind Menschen mit Träumen, Hoffnungen und Zielen – genau wie wir. Eine Flüchtlingspolitik, die diese Erkenntnis ernst nehmen würde, wäre nicht einfach eine, die technokratisch und mit Kalkül abstrakte Fluchtbewegungen auf einer Landkarte steuert und abwehrt. Sie wäre von dem Gedanken getragen, dass es Menschen sind, deren Status als Flüchtlinge nur ein vorübergehender ist und würde mittel- oder langfristig darauf abzielen, dass ihnen wieder Möglichkeiten offen stehen sollen.

Insofern kann der GermanDream eine Leitidee sein, um Möglichkeiten zu schaffen jenseits von Zuschreibungen, die den einzelnen auf seinem einmal festgelegten Platz in der Gesellschaft festnageln. Der GermanDream ist in dieser Hinsicht auch ein European Dream. Lassen wir ihn Wirklichkeit werden!

Es grüßt euch herzlich und hoffnungsvoll

Eure Düzen Tekkal

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